Formationstanzen

Sport, Kunst und Emotionen

Acht Paare, eine Idee – ein Thema, eine Musik – eine Choreografie, Teamgeist und Trainingsdisziplin – fünf Turniere, super Stimmung, Leistung, Hoffnung - Erfolg oder Tränen. So könnte man in aller Kürze das Formationstanzen beschreiben.

Wer einmal die Faszination dieses Teamsports mit all seinen Emotionen erlebt hat, den lässt sie so schnell nicht wieder los. Geboren in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus der Idee der „Pattern Dances“, entwickelte sich eine eigenständige Disziplin des Tanzsports, die spätestens mit Einführung der Weltmeisterschaften im Jahre 1973 auch in Deutschland unaufhaltsam zu wachsen begann. Heute tanzen Turnierformationen – getrennt nach den Turnierarten in den Standard- und in den lateinamerikanischen Tänzen - mit acht Paaren und zeigen alle fünf Tänze der jeweiligen Sektion.

Stete Erfolge der Spitzenteams des Deutschen Tanzsportverbandes sorgten in den 90er Jahren für einen Boom, in dessen Folge mittlerweile etwa 120 Mannschaften die Turniere von der Landesliga bis zur 1. Bundesliga in den Standard- und Lateinformationen bestreiten. Neue Musikideen sowie die ständige Weiterentwicklung der Bild- und Schrittchoreografien bedeuten eine permanente Herausforderung von Saison zu Saison.

Die Spannung über die neuen Musiken wie auch die Frage, welche Mannschaft in diesem Jahr die Nase vorn haben wird, eilt dem ersten Turnier der Saison lange voraus – bei Mannschaften, Trainern, Fans und Zuschauern. Bis die Emotionen dann frei werden, nach der Wertung beim ersten Turnier - und dann immer wieder.

Was ist eine Formation?

Eine Formation, egal ob Standard oder Latein, besteht in der Regel aus 8, mindestens aber aus 6 Paaren. Idealerweise wird ein Team im Schnitt durch 1 bis 3 Ersatzpaare ergänzt. Trainer streben die Obergrenze an, da sich dann die mindestens 180m² große Tanzfläche am besten ausfüllen lässt und eine große Variationsmöglichkeit für verschiedenste Bilder gegeben ist. Die Fläche darf während des Tanzens nicht verlassen werden. Hebefiguren sind nur während des Ein- und Ausmarsches erlaubt. Die eigentliche Darbietung wird durch akustische Signale, wie „Gongschläge“, von Ein- und Ausmarsch getrennt. In den mindestens drei bis maximal viereinhalb Minuten zwischen den Gongschlägen müssen die Paare alle Turniertänze zeigen, also Samba, Cha-Cha, Rumba, Paso Doble und Jive im Lateinbereich und Walzer, Wiener Walzer, Quickstep, Slowfox und Tango im Standardbereich. Eine Formation ist dann besonders stark, wenn alle Paare auf einem gleich hohen tänzerischen Leistungsniveau sind.

Was ist eine Formationsmusik?

Werden da vielleicht einfach nur ein paar Lieder hintereinander geschnitten oder steckt da doch mehr Aufwand dahinter? Manche Teams nehmen tatsächlich einige Titel einer CD und schneiden sie hintereinander zusammen. Die professionellen Formationsmusiken werden allerdings von einem Orchester gespielt und kosten bis zu 15.000 €. Dies können sich aber viele Vereine nicht leisten. Alternativ kann man sie sich aber auch von großen Vereinen mieten, wie zum Beispiel der 1.TC Ludwigsburg oder dem GGC Bremen.

Eine Formationsmusik gliedert sich in der Regel in drei Teile auf:

  • Einmarsch
  • Wertungsteil
  • Ausmarsch

Der Einmarsch steht außerhalb der zu bewertenden Zeit und hat eine Länge von ca. 50 Sekunden, in denen das Publikum auf das Thema eingestimmt werden soll. Meistens ertönt zu Ende des Einmarschs ein „Gongschlag“ oder ein anderes akustisches Signal, welches den Wertungsrichtern den Beginn des Wertungsteils signalisieren soll.

Der Wertungsteil beinhaltet die fünf o.g. Latein- bzw. Standardtänze Samba, Cha-Cha, Rumba, Paso Doble und Jive bzw. Walzer, Wiener Walzer, Quickstep, Slowfox und Tango, von denen jeder Tanz mindestens einmal vorkommen muss - die Anzahl, die Reihenfolge und die Länge der Tänze ist jedoch nicht vorgeschrieben. Oft ist es so, dass auf ein Musikstück mehrere Tänze getanzt werden. So unterlegen die Komponisten und Arrangeure das Musikstück mit dem charakteristischen Takt des Tanzes. So wurde (als extremes Beispiel) aus dem Song „Music“ von John Miles eine Formationsmusik kreiert, in der alle fünf Lateintänze vorkommen.

Außerdem gibt es in einer Formationsmusik auch Effekte, wie zum Beispiel eine Kettenreaktion, also vier oder acht deutliche Schläge in Folge, wobei jedes Paar auf seinen gezählten Schlag eine Pose einnimmt. Zudem gibt es sogenannte Higlights wie das Roundabout oder die Todesspirale in der Samba.

Der Ausmarsch rundet das Ganze ab. Er steht außerhalb der zu bewertenden Zeit und bietet den Übergang vom Wertungsteil zu einem Abschluss der Choreographie. Beendet wird eine Formationsmusik häufig mit einem mitreißenden Musikstück, was das Publikum zum klatschen animieren soll.

Eine Formationssaison

Eine neue Formationssaison beginnt offiziell am 1. Oktober jedes Wettkampfjahres, für die Tänzer beginnt sie allerdings schon nach dem letzten Turnier einer Saison (meist im Mai). Für Tänzer und Trainer stellt sich jedes Jahr spätestens dann aufs Neue ein und dieselbe Frage: "Zu welcher Musik tanzen wir in der nächsten Saison?" Wenn man diese Frage zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantworten kann, sollte man sich schnellstens nach einer "neuen" Musik/Choreographie umzuschauen. Eine Woche nach dem letzten Turnier der "alten" Saison beginnt dann in der Regel mit dem ersten Training die neue Saison. In ungefähr 10-12 Wochen und unzähligen Trainingsstunden wird nun die neue Choreographie einstudiert. Schon hier wird sehr viel Wert auf Synchronität und die tänzerische Ausarbeitung der Schritte gelegt. Die letzten Monate vor den Turnieren sind durch die intensive Ausarbeitung der Choreographie gekennzeichnet, in zahlreichen Sonder-Trainingseinheiten und 1 bis 2 Trainingslagern wird unter Hochdruck am Feinschliff der Choreographie gearbeitet. Das erste Turnier der Saison zeigt dann, wie gut man sich auf die Saison vorbereitet hat. In den Wochen zwischen den einzelnen Turnieren versucht man, Fehler auszumerzen und somit eine bessere Platzierung am nächsten Turnier zu erzielen.

Turnierablauf

Der Turnierablauf unterliegt einem festen Plan. Bevor das richtige Turnier überhaupt beginnt, sind die Formationen schon mehrere Stunden auf den Beinen. Für jede Formation beginnt der Formationstag mit der 15-minütigen Stellprobe. In dieser kann sich die Mannschaft an die Turnierhalle und insb. den –boden gewöhnen; die Choreographie wird mind. einmal durchgetanzt. Im Anschluss an diese Probe bereitet sich die Mannschaft auf das eigentliche Turnier am Nachmittag oder Abend vor. Ein perfektes Styling ist Pflicht. Mit dem „Einmarsch der Formationen“ (d.h. der Vorstellung der Mannschaften dem Publikum und den Wertungsrichtern) beginnt dann das Turnier offiziell. Anschließend wird die Vorrunde getanzt. Nach der Vorrunde heißt es für alle Formationen warten und hoffen auf die Entscheidung der Wertungsrichter, denn diese haben die Aufgabe, die Formationen in das große und das kleine Finale einzuteilen. Die Finals beginnen mit dem kleinen Finale, in dem es um die hinteren Platzierungen geht. Im großen Finale schließlich tanzen die verbliebenen Formationen um die oberen Plätze. An das jeweilige Finale folgt eine „offene Wertung“ mit Bewertungstafeln, durch die Wertungsrichter. Das Turnier endet schließlich mit einer Siegerehrung und dem „Ausmarsch der Formationen“.

Bewertungskriterien

Für den DTV (Deutscher Tanzsportverband) ist das „Ziel einer Formationsdarbietung, durch tanzende Paare zur Musik einer Turnierart mit einer Auswahl tanzspezifischer Bewegungsabläufe synchron und im wesentlichen symmetrisch auf der Tanzfläche abwechslungsreiche, für Augenblicke stationäre oder bewegte Bilder zu gestalten. Formationsprogramme leben vom Wechsel der Musik und der Bewegung, ohne dass in den einzelnen Tänzen deren Charakter und -einschließlich der Übergänge- der Eindruck einer geschlossenen Darbietung verlorengeht“. Die Wertungsrichter müssen die Choreographie, das tänzerische Element, die einzelnen Bilder und die Interpretation beurteilen.