„Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“ - nur allzu oft hört man diesen Satz von Sport-Kommentatoren, wenn mal wieder das Unmögliche eingetreten ist und die Partie einen so nicht zu erwartenden Verlauf genommen hatte. Dass aber auch der Formationstanzsport hin und wieder für großartige Geschichten gut ist, konnte man am vergangenen Wochenende in Coburg erleben.

Während die alte Formationsgemeinschaft Fischbach & Hofheim im Vorjahr den Abstieg in die Oberliga Süd 1 Latein nicht mehr verhindern konnte, gelang es dem einstigen Rivalen aus Wiesbaden bekanntlich (mit freundlicher Unterstützung des späteren Aufsteigers Nürnberg) noch ganz knapp, den Klassenerhalt zu schaffen.

Jetzt, rund neun Monate später, ist aus den Konkurrenten eine starke und bis in die Zehen motivierte Einheit entstanden, die sich für die Saison 2014/2015 in der Regionalliga Süd Latein so einiges vorgenommen hatte. Doch was am Samstagabend in Coburg passierte, hatten wohl selbst die kühnsten Optimisten vielleicht noch erhofft, aber wohl kaum für möglich gehalten.

„Sind sie schon da?“

Diese Frage konnte man im Vorfeld des Turniers bereits häufiger vernehmen. Dabei ging es aber keineswegs um die pünktliche Ankunft des Teams an der Sporthalle in Coburg, sondern viel mehr um die neuen Kleider, die das Team eigens hat anfertigen lassen, um der neuen FG auch optisch einen gemeinsamen, neuen Anstrich zu verpassen. Doch aufgrund diverser Widrigkeiten, musste man bis zuletzt darum bangen, ob die ersehnte Kiste mit den Outfits rechtzeitig den Weg aus dem Norden Deutschlands ins Rhein-Main-Gebiet finden würden. Am Morgen des Turniertags wurden aber auch die letzten Teile per Express-Versand angeliefert, so dass noch während der Busfahrt die letzten Nadelstiche an Kleidung und Schmuck vorgenommen werden konnten, um für das Turnier gewappnet zu sein.

Souverän vom Start weg

Dass man auch sportlich mehr als gewappnet war, sollte dann schon bei der Stellprobe schnell klar werden. Konzentriert und souverän brachte man in den zur Verfügung stehenden 15 Minuten die ersten Tanzschritte auf fremder Fläche hinter sich und tankte somit schnell die nötige Sicherheit und viel Selbstvertrauen. Entsprechend wenig hatten dann auch die mitgereisten Trainer Sebastian Berg und Björn Langpaap zu kritisieren, so dass das Team in der Vorrunde also ganz frei und selbstbewusst auftanzen konnte.

Dies sollte sich dann auch schnell auszahlen, denn der erste Durchgang der Formationsgemeinschaft begeisterte bereits alle Beteiligten: Mit viel Leidenschaft und Herz, aber auch großer Souveränität und sauberen Highlights ließ die Mannschaft schon vom Start weg erahnen, dass sie an diesem Tage sicherlich keinen Gedanken an einen erneuten Abstiegskampf verschwenden müsste, wie es im Vorjahr noch der Fall war.

Spannung auf dem Siedepunkt

Folgerichtig kam dann auch die Bestätigung: Die FG Rhein-Main ist im großen Finale - allerdings begleitet von weiterhin viel Konkurrenz, denn lediglich die Teams aus Neumarkt und Maintal schafften den Sprung in die nächste Runde nicht und konnten so nur noch die Plätze 8 und 9 im kleinen Finale unter sich ausmachen.

Die restlichen sieben Mannschaften wussten nun hingegen, dass das Starterfeld leistungsmäßig offenbar sehr eng beisammen lag. Davon unbeirrt und durch die Vorrunde beflügelt, bereitete sich die FG nun also auf das anstehende Finale vor, das man als vorletzte Mannschaft bestreiten sollte.

Von den Trainern optimal eingestellt betrat das Team dann also zum letzten Mal auf diesem Turnier die Tanzfläche und schnell war klar, dass man in der Vorrunde viele Sympathien gewonnen und nicht nur die mitgereisten Fans begeistert hatte. Angepeitscht vom lautstark unterstützenden Publikum warf die Truppe nochmals alles in die Waagschale und legte abermals eine tadellose Leistung auf's Parkett: Tänzerische Akzente, saubere Bilder, souveräne Highlights, viel Leidenschaft gepaart mit einer ordentlichen Portion Lässigkeit - mehr ging nicht! Die Halle tobte und auch die Mannschaft konnte ihre Euphorie nach dem Durchgang kaum verbergen: Teilweise überwältigt von den Emotionen war allen im Team klar, dass man heute eine großartige Leistung gezeigt hatte - egal, wie die nun anstehende offene Wertung durch die fünf Wertungsrichter letztlich ausfallen sollte.

Wie gewohnt wurde diese in der selben Reihenfolge angezeigt, in der die Mannschaften auch getanzt hatten. Somit wurde die ohnehin schon kaum auszuhaltende Anspannung noch größer, denn die ersten Wertungen für die Konkurrenz ließen bereits erahnen, dass sich die Wertungsrichter keineswegs einig zu sein schienen, welche Mannschaft sie denn nun vorne sahen. Umso größer war dann die Freude, als endlich die offene Wertung für die Startnummer 9 angezeigt wurde: 5-1-1-1-3 - und somit der 1. Platz für die FG Wiesbaden | Hofheim | Fischbach (zur aktuellen Ligatabelle)! Freude und Jubel kannten nun folgerichtig kein Halten mehr. Tänzer und Trainer fielen sich gegenseitig in die Arme und verdrückten dabei sicher mehr als nur die ein oder andere Freudenträne, nachdem die Anspannung endlich abgefallen und man für die harte Arbeit der letzten Monate belohnt worden war.

Noch immer euphorisiert und glücklich über das Erreichte trat man dann die Rückfahrt im Bus an, auf welcher der ein oder andere Tänzer immer noch nicht ganz fassen konnte, was da kurz zuvor eigentlich passiert war. Was blieb war aber sicherlich die Erkenntnis, dass nicht nur der Fußball manchmal auch einfach „seine eigenen Gesetze besitzt“.